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Nerewyn Dornenblut "Diel (Rabe)"

AutorNachricht
Veröffentlich am: 11.06.2010, 21:22 Uhr
Seine Schritte trugen ihn ziellos über den Basar von Silbermond, während die Rufe der Händler, die lautstark ihre Ware anpriesen, in seinen Ohren dröhnten. Überall konnte man mehr oder weniger nützliche Dinge erstehen, wenn man bereit war, ein kleines Vermögen auszugeben. Die Marktschreier versuchten wie immer, sich gegenseitig zu übertönen, sodass im Endeffekt nur noch einzelne Wortfetzen verständlich waren.

"... widerstandsfähigsten Plattenrüstungen, auf Wunsch auch in ..."
"...Gewürze aus ganz Azeroth..."
"Feinste Seide, jede Elle davon..."

Er zog sich aus Gewohnheit die dunkle Kapuze, die seinen Kopf vollständig bedeckte, tiefer ins Gesicht.
Die Zeiten, da er sich in der Masse von Käufern, Händlern und Schaulustigen wohl gefühlt hatte, waren wahrlich vorbei.

"Schaut her, Silberklingen von Meister Shandurin! Die besten Klingen, die es hier in Silbermond für Gold zu kaufen gibt!"

Er blieb stehen... ein Blick auf diese angeblich wunderbaren Metallklingen konnte nicht schaden. Vielleicht würde er mit einem dieser Schwerter seine eigene Waffe ersetzen können.
Eine Weile lauschte er weiter dem Gebrüll des Waffenhändlers, um dessen Stand zu lokalisieren.
In dieser Masse von Sin'dorei konnte man eigentlich gar nichts sehen außer bunten Gewändern, das Pflaster des Platzes und den Himmel, der sich durch den Sonnenuntergang langsam orange färbte.
Schließlich wandte er den Kopf nach links und erhaschte einen Blick auf einen Stand, auf dem mehrere Klingen von schöner und edler Machart ausgestellt waren. Hinter all den Waffen gestikulierte ein etwas zu kurz geratener Sin'dorei wild, und seine Lippen bewegten sich ohne Unterlass. Ah...dies musste der
Waffenstand sein, dachte er.

"...Schmuck, Handarbeit von..."
"...Tränke gegen jedes Leiden, sei es nun..."
"...Roben, aus magischen Fäden genäht!"

Das Gebrüll der anderen Händler weitestgehend ignorierend, steuerte er den Stand mit den Schwertern an. Nachdem er ein paar Sin'dorei unsanft aus dem Weg geschoben hatte, erreichte er sein Ziel.
Der Händler identifizierte ihn sogleich als potentiellen Kunden und begann, ohne Unterlass auf ihn einzureden.

"Ah, werter Herr, ein wunderschöner Tag heute, nicht? Aber seht her, dies sind die großartigen Waffen von Meister Shandurin- wonach begehrt es Euch? Ein leichter Einhänder? Ein schwerer Zweihänder? Oder etwa flinke Dolchklingen, wenn Ihr Eurem Opfer ein schnelles Ende machen wollt? Oder-"

Der Mann hielt mitten in seinem Gebrabbel inne.
Aber nicht ohne Grund, nein, denn sein möglicher Kunde hatte die Kapuze soweit angehoben, dass der übereifrige Händler dessen Augen sehen konnte. Sie waren von unnachgiebigen kobaltblau.
Etwas Farbe schwand aus dem Gesicht des Sin'doreis, der auf der anderen Seite des Standes stand und für den Verkauf der Waffen zuständig war.

"...Oder...eh... wollt Ihr Euch einfach nur.. umsehen?"

Der Mann mit der Kapuze nickte knapp und zupfte den Kapuzenrand wieder tiefer in sein Gesicht. Den Händler ließ er nun unbeachtet, da dieser sein nervtötendes Geschwafel eingestellt hatte.
Eine Weile betrachtete der Sin'dorei mit den Kobaltaugen die Waffen einfach nur, dann nahm er einen formvollendeten Einhänder in die Hand. Diese war mit schwarzer Platte gepanzert, wie der Rest seines Körpers. Die Klinge war perfekt austariert, dies musste er zugeben, und hatte eine leicht gebogene Schneide, die im Licht funkelte. Kein Zweifel, sie war rasiermesserscharf.
Vielleicht lag der Verkäufer gar nicht so falsch, als er behauptete, dass diese Waffen die Besten wären.
Aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie der Händler unruhig hinter dem Stand auf und ab tigerte. Dann konnte der kleine Sin'dorei wohl nicht länger an sich halten, und erneut sprudelten die Worte aus ihm heraus.

"Ah, einen wunderbaren Geschmack habt Ihr! Diese Klinge besteht aus mehrfach gefaltetem-"

Doch weiter kam der Mann nicht, denn er wurde unwirsch unterbrochen.

"Seid einfach still."

Der Händler schien etwas zu schrumpfen, und er wandte sich unter Gemurmel einem anderen Sin'dorei zu, der gerade dabei war, die Schärfe eines Dolches an seinem Finger zu testen. Endlich Ruhe.

Erneut betrachtete der Mann mit der dunklen Kapuze das schimmernde Schwert in seiner Hand. Er drehte es hin und her und untersuchte die Waffe auf Fehler.
Nichts zu finden. Die Waffe war so blank poliert, dass sie spiegelte.
Die Reflexion des verblassenden Sonnenlichts blendete ihn für einen Moment, bis er das Schwert ein wenig mehr drehte. Die Sonnenstrahlen wurden nicht mehr von der Klinge reflektiert, aber dafür entstand ein Spiegelbild von dem Gesicht des Mannes, der die Klinge in der Hand hielt. Er betrachtete seine Spiegelung ruhig, und ebenso ruhig schaute sein Abbild zurück- aus kobaltblauen Augen.

Eine gerade Nase, markante Wangenknochen und kantiges Kinn samt ordentlichen Bart vollendeten das Gesicht, welches sich nun auf der Klinge spiegelte.
Einige tintenschwarze Haarsträhnen hingen in genau diesem Antlitz, sowie eine einzelne, einsame weiß-graue Strähne.

Der Rest seines Kopfes war durch die Kapuze verhüllt, doch der Mann wusste nur zu gut, wie es darunter aussah. Lange, zu einem hastigen Zopf gebundene schwarze Haare, eine Narbe am Hals-
die Narbe, die ihn wissen ließ, warum er tot war. Untot, um genau zu sein.

Er starrte weiter in seine gespiegelten Augen, gedankenverloren, und ungewollt drängten sich Bilder in seinen Verstand. Bilder, die er sorgsam unter Verschluss hielt, die aber immer wieder ihren Weg in die Freiheit fanden, bis er sie von neuem ankettete.

Erinnerungen...

Er schloss langsam die Augen, und ließ sich auf diese Erinnerungen ein.



Zuletzt bearbeitet am: 15.06.2010 19:06 Uhr.
"Hrm..."
Veröffentlich am: 12.06.2010, 18:25 Uhr

Dunkelheit.
Allgegenwärtige Schwärze.
Doch sie hatte nichts bedrohliches, nein... sie war wie die Umarmung einer Mutter, die ihr Kind tröstete.
Sanft wiegten ihn die Schatten, schenkten ihm Ruhe und Geborgenheit- sie gaben ihm Frieden.

Alles, was war, war die Finsternis, es gab kein oben oder unten, kein links oder rechts, keinen Boden und keinen Himmel.
Alles, was er sah, war die undurchdringliche Dunkelheit, die noch dunkler als die einer mondlose Nacht war.
Alles, was er hörte, war Stille, die keinen Platz für einen Laut ließ.
So still und dunkel, und doch so friedlich...
Er wusste nicht, wie lange er schon eins mit dieser Dunkelheit war, doch er wollte für immer dort bleiben.

Für immer...

Die Zeit verging, sollte so etwas wie Zeit in der friedlichen Finsternis existieren. Ob Minuten, Stunden oder Tage, dies wusste er nicht, aber es spielte für ihn keine Rolle.
Er hatte seinen Frieden.

Bis sich auf einmal, ohne Vorwarnung, eiserne Fesseln um ihn legten. Unbarmherzig zerrten sie an ihm, und langsam verschwand das Gefühl der Ruhe und Geborgenheit... der Frieden schwand.
Und mit ihm, die Dunkelheit.
Panik machte sich in ihm breit- er wollte zurück, zurück in die Finsternis!- doch immer weiter zogen die Fesseln an ihm, ließen ihm keine Chance, sich zu wehren.
Immer schneller erhellten sich die Schatten, und immer schneller verließ ihn das Gefühl des Friedens und hinterließ... Leere.


"...erwacht.."
"..Wie Ihr wünscht.."


Stimmen drangen zu ihm durch, und er öffnete langsam die Augen. Mehrere bleiche Gesichter erschienen in seinem Blickfeld, die alle mit demselben kalten Blick zu ihm hinabstarrten.
Er lag auf dem Boden, wie er beiläufig bemerkte, er fühlte das schroffe Material dessen an seinem nackten Rücken. Aber es war ihm egal. Denn er war leer; sein Frieden war fort.
Er war wie ein Gefäß, dem sein Inhalt genommen war.


"Steht auf, los."

Einer derjenigen, die um ihn herum standen, stieß ihm den Fuß in die Seite, aber auch dies war ihm egal. Er spürte es nicht einmal. Mit ruckartigen, mechanischen Bewegungen rappelte er sich auf, und sah sich zum ersten Mal um. Eine Art Halle, ganz aus dunklem Metall und ebenso düsteren Gestein, umgab ihn. In den Ecken dieses weitläufigen Rau,s türmten sich Leichenberge auf, und mehrere Männer in schwarzen Roben schienen die Kadaver zu inspizieren. Schließlich fiel sein Blick auf einen großen Menschen, der eine eisblaue Rüstung trug und auf ihn zusteuerte. Nach einigen langen Schritten baute sich dieser Schrank von Mensch vor ihm auf und begutachtete ihn aus blau schimmernden Augen wie ein Stück Fleisch, welches zu verkaufen war.

"Ich bin Instrukteur Razuvious. Du bist ein neuer Soldat des Meisters. Du wirst ihm dienen."

Ein Soldat des Meisters... wessen Meisters? Seine Gedanken waren langsam, so unendlich langsam. Aber es spielte keine Rolle... er war leer.
Der Instrukteur wechselte ein paar rasche Worte mit den Männern- wie er jetzt feststellte- die um ihn herum gestanden hatten. Einer von ihnen nickte knapp, und der Mensch in der blauen Plattenrüstung wandte sich ab, während einer der in Roben gekleideten Männer das Wort an ihn richtete.


"Kommt mit."

Er folgte dem Mann, der soeben die Stimme erhoben hatte und nun mit eiligen Schritten vorausging, in einen Winkel der Halle, der voll mit Rüstungen aus grau-schwarzem Metall war. Brustplatten, Beinplatten, Handschuhe, Stiefel, Gürtel, Armschienen und Schulterpanzerungen reichte der Robenmann ihm, dazu einen Umhang aus schwerem, schwarzem Stoff und eine Kapuze aus demselben Material. Er legte die Rüstung an, unter den kaltem Blick des anderen Mannes- ein Mensch. Dieser nickte schließlich knapp und deutete in einen anderen Winkel der Halle. Dann wendete er sich um, und ging wieder zu einem der Leichenberge zurück.

Er stand noch eine Weile dort, inmitten der Rüstungsteile, bis er in die Richtung ging, in die der andere Mann gezeigt hatte- bei jedem seiner Schritte klapperte die Plattenrüstung dumpf. Ein Geräusch, das ihn von nun an immer begleiten sollte.
Als er an der Stelle ankam, bemerkte er, dass dort noch andere Personen waren. Alle von ihnen trugen dieselbe Plattenrüstung wie er, alle hatten den Blick nach vorne gerichtet. Automatisch blickte auch er dorthin.

Ein riesiger Mann in einer schweren Rüstung stand dort. Vielleicht ein Mensch. Die Panzerung war mit Totenschädeln verziert, und der Boden um ihn herum war mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. In der Hand hielt er eine Klinge mit tückischen Zacken an der Schneide, und Runen waren auf dieser eingeschmiedet. Von der Waffe ging eine unheilige, verdorbene Aura aus, die von der Präsenz des Mannes beinahe noch überdeckt wurde- er strömte das reine Verderben aus. Pure Macht. Auf dem Haupt dessen befand sich ein Helm, der auf eine morbide Art und Weise entfernte Ähnlichkeit mit einer Krone hatte. Gletscherblaue Augen funkelten hinter dem Gesichtsschutz des Helms hervor, grausam und gnadenlos.
Mit diesem Blick fixierte der Mann mit der machtvollen Aura eine Person nach der anderen, es war, als würde er eine stille Unterhaltung mit ihnen führen; wie auf ein Kommando, sank einer nach dem anderen auf die Knie.


"Von nun an bist du Mein, Todesritter. Ich verleihe Dir all das, was Dich stark macht- Zorn, Hass und Grausamkeit. Du wirst in meinen Händen eine unbarmherzige Waffe sein, und zusammen werden wir diese Länder unterwerfen. Du wirst keine Gnade kennen, und das Blut Unschuldiger wird fließen, mein auserwählter Ritter. Knie nieder, und empfange die Macht, die ich- der Lichkönig, Dein Meister!- Dir schenken werde!"

Die Stimme seines neuen Meisters dröhnte in seinem Kopf, ließ keinen Platz für eigene Gedanken. Es war, als würde eine unsichtbare Hand ihn auf die Knie zwingen, doch das musste sie gar nicht. Er kniete von selbst und neigte das Haupt vor dem Lichkönig.

Er spürte, wie etwas in ihm die Leere fast schon spielerisch beiseite wischte und durch rasenden Zorn, brennenden Hass und unbarmherzige Grausamkeit ersetzte- seine Unterarme brannten, als wären sie in kochendes Öl getaucht worden, doch es war ihm egal. Als der Schmerz nachließ, hob er den Blick an, noch immer knieten er und die anderen auf dem harten Boden der Halle.

"Erhebt Euch, Ritter von Acherus! Erhebt Euch und verwüstet diese Länder!"

[i]Die Stimme des Lichkönigs donnerte durch die Halle, und wurde aufgrund deren Architektur hundertfach zurückgeworfen- doch für ihn klang es wie Gesang.
Synchron erhoben sich die Todesritter, und trugen stummen Jubel auf den Lippen.


Zuletzt bearbeitet am: 18.06.2010 20:12 Uhr.
"Hrm..."
Veröffentlich am: 18.06.2010, 20:12 Uhr
"Keine...Überlebenden..."

Die Stimme seines Meister hallte durch seinen Verstand, gab ihm unmissverständlich zu verstehen, was von ihm verlangt wurde.

Er richtete seinen Blick wieder auf den Menschen, der vor ihm auf dem verbrannten Gras der Erde kniete. Die Falten in dessen Gesicht verrieten ihm, dass der Mann schon viele Winter gesehen haben musste, auch das Silber in seinen kurzen, dunkelbraunen Haaren bestätigte dies nur.
Die Panik, die ihre Krallen nun in jenes Antlitz schlug, ließ es noch zerfurchter aussehen; wie einen Acker, der gerade eben gepflügt worden war.
Kaum mehr als abgerissene Lumpen umschlackerten den dürren Leib des Alten, wie ein Bündel Reisig muteten seine knochigen Hände an- und schienen genauso zerbrechlich.

Graue Ascheflöckchen wirbelten in einem makaberen Tanz durch die Luft, und legten sich wie Schnee auf die Ruinen der niedergebrannten Häuser, sodass die Überreste der Behausungen Ähnlickeit mit dem Skelett eines gefallenen Riesen hatten.
Der gesamte Gegend roch nach Blut, Tod und Furcht. Es war so intensiv, dass er es beinahe auf der Zunge schmecken konnte.

"Bitte, Herr, bitte... verschont mich! Ich flehe Euch an, lasst mich gehen!"

Er legte den Kopf leicht schief, und hätte beinahe gelächelt.
Der Mensch bettelte um sein Leben... erbärmlich.
Seine Hände hoben sich wie von selbst, und mit ihnen, das breite, schwere Schwert, dessen Schneide in dem Licht der untergehenden Sonne karmesinsrot schimmerte.
Seine gepanzerten Finger umschlossen den Griff der Waffe eisern, und er spürte, wie das Metall seiner Panzerhandschuhe in sein Fleisch schnitt. Aber es war ihm egal.

Er existierte nur, um seinem Meister zu dienen.
Der Wille des Meister musste geschehen.
Alles andere war nicht von Belang.

Der Mensch rutschte nach hinten, bis er, begleitet von einem dumpfen Geräusch, mit dem Rücken an einen Baumstumpf stieß.
Nun gab es kein Entrinnen mehr.
Entsetzen machte sich auf dem Gesicht des Mannes breit, gepaart mit einer Furcht, die ein kleines, grausames Lächeln auf seine Lippen zauberte.
Flehend hob der Alte die Hände, reckte sie ihm in dem verzweifelten Versuch entgegen, das Unvermeidliche zu verhindern.

"Nein! NEIN! Bitte! Tut es nicht! BITTE!"

Schrill war die Stimme des Menschen, von seiner Panik verzerrt.
Die Handflächen, die sich ihm entgegenstreckten, waren von Schwielen übersät, erzählten die Geschichte eines Leben, was von schwerer körperlicher Arbeit geprägt war... belanglos.

Er hob sein Schwert an, die Runen auf der Schneide der Waffe funkelten tückisch auf, fast schon vorfreudig- begierig auf ein weiteres Opfer, auf weiteres Blut, auf einen weiteren Tod.
Er fühlte den aufkeimenden Rausch, die Macht, die Euphorie, die das Morden begleitete- das Geschenk seines Meisters.

Einen sirrenden Halbkreis beschrieb die dunkle, aus Saronit geschmiedete Klinge, von rechts nach links.
Er hörte seine Plattenrüstung bei der schnellen Bewegung knirschen, und vor allem hörte er den Angstschrei des Alten- es klang wie Musik in seinen Ohren.

"Aaaaaaaaaaaaa-"

Der Schrei wurde zu einem erstickten Röcheln, als die Spitze des Schwertes die Kehle und die Halsschlagadern des Mannes durchtrennte.
Noch immer war der Mund des Menschen geöffnet, und langsam legte er seine Hände an die klaffende Wunde an seinem Hals, die auf eine groteske Art wie ein zweiter Mund wirkte. Dunkles Blut spritzte rhythmisch zwischen seinen Fingern hindurch.
Langsam und unaufhaltbar rann ihn sein Leben wie Sand durch die Hände, und er konnte nichts tun.

Er senkte die Klinge wieder, stach sie mit einer harschen Bewegung in die verbrannte Erde, sodass sie in dieser steckte und blieb regungslos stehen, genoss den Todeskampf des Alten, sah mit an, wie das Licht in dessen sturmgrauen Augen nach und nach erlosch, wie das Blut, welches durch die Finger des Mannes quoll, weniger wurde.

Als das Leben aus seinem Opfers endgültig wich, schloss er die Augen und spürte, wie pure Macht durch seinen Körper toste, wie ein sturmgepeitschter Ozean.
Seine Sinne schärften sich vorrübergehend, seine Stärke wuchs.

Er spürte, wie die Runenklinge, die noch immer neben ihm im Boden steckte, frohlockte. Auch sie schien ein unstillbares Verlangen nach weiteren Morden zu haben, und auch ihre Macht schien mit jedem weiteren Tod zu wachsen.

Er und sie, sie waren eins.

Er hatte die Augen noch immer geschlossen, doch den jugen Mann, der in einiger Entfernung hinter ihm stand, hatte er schon längst wahrgenommen.
Dessen Atem ging schnell, heftig, er schnaufte regelrecht.
Und vor allem... sein Herzschlag. Dieser wummerte so schnell, dass er beinahe wütend klang.
Doch er drehte sich nicht um. Er mimte den Ahnungslosen.
Als nächstes vernahm er langsame, dumpfe Schritte, die rasch schneller wurden.
Noch immer drehte er dem jungen Mann den Rücken zu.

"NEEEEEIN! VATER! ICH WERDE DICH TÖTEN, DU MONSTER!"

Dank des Gebrülls konnte er die Entfernung abschätzen, in der sich sein Gegner befand.

Zehn Schritt.
Neun.
Fünf.
Noch drei.
Zwei.

Als sein Gegner in Reichweite kam, den rechten Arm erhoben und in der Faust ein Messer, bereit zum zustechen, wirbelte er herum, ließ sein linkes Bein fest am Boden und benutze nur das Rechte, um sich zu drehen und packte den jungen Mann mit der rechten Hand fest bei der Kehle, ließ in praktisch in seine gepanzerten Finger hineinlaufen.

Er nutzte die Bewegung seiner Drehung aus, um den Burschen durch den eigenen Schwung zu Boden zu bringen, indem er seine Drehung lediglich zuende führte und dabei das rechte Knie beugte, während seine Hand noch immer unbarmherzig den Hals des jungen Menschen umklammerte.

Der Aufprall auf dem Rücken trieb seinem Gegner die Luft aus den Lungen, und machte ihn benommen.
Er nutzte die Gelegenheit, um ihm mit der linken Hand das Messer zu entwinden, seine Rechte umschloss weiter die Kehle des Burschen.

Betäubt blinzelte der junge Mann vor sich hin, während ihm langsam klar wurde, dass sein Angriff fehlgeschlagen war.
Er hatte verloren und nun war sein Leben verwirkt.
Erste Spuren der Angst zeichneten sich auf seinem Gesicht ab, und er blieb regungslos am Boden liegen. Er versuchte, etwas zu sagen, doch seine Kehle wurde zusammengepresst, sodass nicht mehr als ein röchelndes Krächzen zu hören war.
Aus rehbraunen Augen schaute der Bursche zu ihm hoch, Furcht lag in seinem Blick.
Es amüsierte ihn beinahe.


"Keine...Gnade..."

Er schloss kurz die Augen, als erneut die Stimme seines Meisters durch erneut seinen Verstand hallte.

Er fühlte, wie der Meister die Kontrolle über seinen Körper übernahm, spürte, wie sich seine linke Hand erhob, das Messer in der Faust. Es war, als würde er von unsichtbaren Fäden gelenkt werden, wie eine Marionette.

Dann schwand die Präsenz des Lichkönigs, und er hatte wieder die Macht über sich.

Der Mensch schien ihn mit seinen Blick anzuflehen, ihn anzubetteln, ihn zu verschonen- sie waren alle gleich, allesamt.
Sie alle waren jämmerliche Wichte, und er Meister hatte ihm befohlen, sie zu vernichten.

Und der Wille des Meisters musste geschehen.

Seine Linke fuhr herab und stach dem Burschen das eigene Messer ins Herz. Mit nur wenig Widerstand drang die Klinge in dessen Brust ein, durchtrennte mühelos Fleisch und Adern, bis sie ihr Ziel fand.

"Dein Vater wartet... Mensch."

Seine Stimme war rauh, dunkel. Sie klang wie die Stimme eines Märchenerzählers, doch wann immer er sprach, wurden seine Worte von einem Nachhallen begleitet, als hätte er in eine Gruft hineingerufen.

Der junge Mann starb schnell, auch jetzt rauschte die Macht des Mordens durch seinen Körper, machte ihn stärker und schärfte seine Sinne.

Er richtete sich auf, würdigte den Leichnamen der beiden Menschen keinen weiteren Blick.
Mit einer knappen Bewegung zog er seine Runenklinge aus der verbrannten, ausgetrockneten Erde und wandte sich in die Richtung, aus der weitere Angstschreie und Schmerzenslaute kamen.

Der Wille des Meisters würde geschehen.


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Mehr folgt.

Zuletzt bearbeitet am: 18.06.2010 20:14 Uhr.
"Hrm..."